Mit Ammoniumchlorid den Harn ansäuern – Gezieltes Vorgehen gegen das MMA-Syndrom bei Sauen
Rund um die Geburt werden bei Sauen häufig angesäuerte Rationen eingesetzt. Dies dient in erster Linie der Senkung der Harn-pH-Werte und der damit verbundenen nutritiven Prophylaxe des Metritis-Mastitis-Agalaktie-Syndroms (MMA-Syndrom). Ein aktueller Versuch auf einem Sauenbetrieb zeigt, dass der Einsatz eines speziellen Produkts auf Basis von Ammoniumchlorid zu deutlichen und schnellen Effekten auf den Harn-pH-Wert führt.
Die Gesundheit von Sauen ist ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Schweineproduktion. Nur eine gesunde und robuste Sau ist in der Lage, eine reibungslose Abferkelung zu gewährleisten. Eine verlängerte Geburtsdauer, eine erhöhte Anzahl tot geborener Ferkel und Verstopfung zählen zu den Herausforderungen der Sauenhalter rund um die Geburt. Viele Sauen leiden zudem vor allem im geburtsnahen Zeitraum an Harnwegsinfektionen mit all den zahlreichen negativen Folgen für Sau und Ferkel. Insbesondere das MMA-Syndrom stellt eine erhebliche Herausforderung in der Zucht dar. Es ist ein multifaktorieller Erkrankungs-komplex mit zum Teil großen Auswirkungen. Die drei namensgebenden Erkrankungen dabei sind Mastitis (Gesäugeentzündung), Metritis (Gebärmutterentzündung) und Agalaktie (ausbleibende Milchbildung).
Der gesamte Komplex kann vor allem durch eine verminderte Milchleistung und damit einhergehenden verringerten Tageszunahmen und einer erhöhten Ferkelsterblichkeit zu hohen wirtschaftlichen Verlusten führen. Ursächlich für die Mehrfaktorenkrankheit ist meist eine Harnwegsinfektion. Auslöser kann z.B. eine zu geringe Wasseraufnahme sein, wodurch die Harnblase nicht mehr ausreichend durchgespült wird. Eine weitere und meist bedeutendere Ursache liegt in einem alkalischen Harn-Milieu. Die meisten pathogenen Keime, welche ursächlich für eine Harnwegserkrankung sind, bevorzugen einen pH-Wert im schwach alkalischen Bereich (pH 7). Durch die Absenkung des Harn-pH-Wertes auf etwa 6 kann der Keimgehalt deutlich verringert werden. Dies senkt das Risiko für Harnwegsinfektionen und das MMA-Syndrom. Ein hoher pH-Wert im Harn der Sauen liegt zumeist in einer zu hohen DCAD (dietary cation anion difference) begründet. Die DCAD beschreibt die Bilanz der mit dem Futter aufgenommenen Kationen und Anionen. Maßgebliche alkalisierende Kationen sind Calcium, Magnesium, Kalium und Natrium. Demgegenüber stehen die acidierenden Anionen Phosphor, Schwefel und Chlorid.
Die DCAD in Futtermitteln wird in Miliäquivalenten pro Kilogramm Trockenmasse (mEq/kg TM) angegeben und ist eng korreliert mit den Harn-pH-Werten. Der Zusammenhang ist in Übersicht 1 angegeben. Anhand dieser Korrelation kann davon aus-gegangen werden, dass bei einem angestrebten Harn-pH-Wert der Sauen von etwa 6,0 die DCAD in der Ration der Sauen rund um die Geburt zwischen 0 bis -100 liegen sollte. Da für alle Futtermittel Richtwerte für die DCAD vorliegen, kann die DCAD relativ genau über die Optimierung des Mischfuttermittels eingestellt werden.
Bedeutung der Harnansäuerung und deren Auswirkungen auf MMA
Eine Maßnahme zur Vorbeugung des MMA-Syndroms ist die gezielte Harnansäuerung über das Futter. Die Ansäuerung des Harns wird durch die Fütterung spezieller Futterzusätze erreicht, welche eine stark negative DCAD und demnach eine saure Wirkung vorweisen. Das Ziel ist eine leichte metabolische Azidose, welche gezielt den Harn-pH-Wert senkt, denn ein saurerer Urin hemmt das Wachstum von pathogenen Bakterien. Insbesondere das Wachstumsmilieu von Escherichia coli, einem der Hauptverursacher von Harnwegsinfektionen, soll durch die sauren Bedingungen beeinträchtigt werden. Zudem fördert ein geringer pH-Wert im Harn die Ausscheidung von unerwünschten Stoffwechselprodukten, wodurch das Risiko für Infektionen im Urogenitaltrakt gesenkt wird. Studien zeigen, dass eine gezielte Harnansäuerung zu einer geringeren Inzidenz des MMA-Syndroms führen kann. Dadurch profitieren die Ferkel von einer verbesserten Milchleistung der Sauen und einer geringeren Sterblichkeit. Des Weiteren wird auch die Calcium-Mobilisierung aus den Knochen vor dem Abferkeln gefördert. Dies unterstützt die Muskelkontraktion für einen schnellen Geburtsverlauf und verringert das Risiko für eine Hypocalcämie mit Einsetzen der Milchproduktion. Daher müssen bei der Futter- bzw. Harnansäuerung sowohl der Calciumgehalt im Futter als auch stets ad libitum der Zugang zu einwandfreiem Tränkwasser beachtet werden.
Übersicht 1: Beziehung zwischen der DCAD einer Sauenration und dem Harn-pH-Wert der Sauen*
Eine Erkrankung am MMA-Komplex äußert sich bei Sauen über verschiedene Symptome, die sich sowohl auf die Sau selbst als auch auf das Ferkel auswirken können. Neben allgemeinen Symptomen wie Fieber, Apathie, reduzierter Futteraufnahme und gestörtem Kotabsatz zeigen sich spezifische Symptome wie Gesäuge-und Gebärmutterentzündung. Durch eine gerötete und verhärtete Gesäugeleiste reagieren die Sauen empfindlich auf die Milchabgabe, was sie oftmals zur Verringerung bis hin zum völligen Einstellen der Milchproduktion veranlasst. Die Behandlung erkrankter Sauen erfolgt mittels unmittelbarer antibiotischer und/oder entzündungshemmender Medikamente. Die gesetzlich verankerte Minimierungsstrategie hat eine dauerhafte Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung zum Ziel. Im Mittelpunkt stehen dabei ein Verbot der prophylaktischen Antibiotikagabe und die Vermeidung von Antibiotikaresistenzen. Daher suchen viele Betriebe weiterhin besonders im Bereich der Futtermittelzusätze nach Alternativen, um dieses Ziel zu erreichen.
In der Praxis haben sich verschiedene Produkte zur gezielten Beeinflussung des Harn-pH-Wertes und damit zur Vorbeuge von MMA-Symptomen bewährt. Diese reichen von organischen Säuren wie Ameisen- oder Benzoesäure, welche direkt oder indirekt den pH-Wert im Verdauungstrakt und damit auch im Harn senken, über Salze von organischen Säuren (Ammoniumchlorid, Calciumchlorid) bis zu schwefelhaltigen Quellen (Methionin, Calciumsulfat).
Gezielte Harnansäuerung mit BEWI-FATRIX® Anionic
BEWI-FATRIX® Anionic ist ein Kombinationsprodukt auf Basis von Ammoniumchlorid und pflanzlichem Fett, das in einem speziellen Produktionsprozess hergestellt wird. Mittels BEWITAL®-Suspensionsverfahren und anschließendem Sprühkühlen wird das Ammoniumchlorid in raffiniertem und hydriertem Fett eingebettet (Cryotechnologie). Dank der Einbettung durch das BEWI-FATRIX® Verfahren werden die Inhaltsstoffe effektiv und weitestgehend vor Einflüssen von außen geschützt. Der spezielle Produktionsprozess sichert eine gleichbleibende Futteraufnahme auch in der hochsensiblen Phase rund um die Geburt und sorgt für eine kontinuierliche Freisetzung im Stoffwechsel. Hierdurch ist eine gesicherte Ansäuerung gewährleistet. Aufgrund der stark negativen DCAD reicht bereits eine geringe Einsatzmenge im Futter oder als Top-Dressing aus.
Aktuelle Ergebnisse aus dem Praxiseinsatz
In einer Bachelorarbeit an der Universität Bonn wurde das Potenzial von BEWI-FATRIX® Anionic zur Harnansäuerung untersucht. Der Versuch fand auf einem landwirtschaftlichen Betrieb mit 110 Sauen der Rasse DanBred in Nord-West-Deutschland statt. Das Ziel war die Ansäuerung des Harns tragender Sauen durch die Zulage von einem speziell verarbeiteten Ammoniumchlorid (NH4Cl).
Mit der Umstallung in das Abferkelabteil wurde allen Sauen ein Standard-Laktationsfutter verabreicht. Für die Versuchs- und Kontrollgruppe wurden jeweils fünf Sauen zufällig ausgewählt, wobei die mittlere Wurfzahl aller Sauen 4,8 betrug. Die Harnsammlung erfolgte an drei verschiedenen Tagen in der Zeit von 6:00 bis 17:30 Uhr. Unmittelbar im Anschluss an den frisch und spontan abgesetzten Harn wurde der pH-Wert in den Proben mittels elektrochemischem pH-Meter ermittelt. Täglich um 6:30 Uhr morgens erfolgte die Fütterung der Sauen, wo auch BEWI-FATRIX® Anionic als Topdressing zugelegt wurde. Die Berechnung der Zulage wurde anhand der Futtermittelanalysen und der Nullproben ermittelt, welche an Tag 0 gemessen wurden.
Abbildung 1: pH-Wert Verlauf mit und ohne Zulage von BEWI-FATRIX® Anionic bei Sauen rund um die Geburt.
Zu Versuchsbeginn lagen die Harn-pH-Werte der Sauen im Bereich von 7,0 bis 7,5. Um in den Zielbereich von etwa pH 6,0 zu gelangen, wurde den Versuchstieren 25 g BEWI-FATRIX® Anionic je Sau und Tag zugelegt. Die Zulage erfolgte ab drei Tage vor dem errechneten Abferkeltermin bis drei Tage nach der Geburt. Da nur von jeweils vier Sauen durchgehende Harnproben an allen drei Sammelterminen aufgefangen werden konnten, sind in der Ergebnisübersicht lediglich vier Sauen pro Gruppe angegeben. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Einfluss von BEWI-FATRIX® Anionic auf den Harn-pH-Wert der Sauen. Während der Ausgangswert an Tag 0 für beide Gruppen ähnlich war (7,3 in der Versuchsgruppe vs. 7,0 in der Kontrollgruppe), führte die Zugabe von BEWI-FATRIX® Anionic bereits nach zwei Tagen zu einer signifikanten Absenkung des Harn-pH-Wertes auf 6,5. Nach sieben Tagen war der pH-Wert weiter auf 5,5 gesunken (Abbildung 1). Im Gegensatz dazu blieb der Harn-pH-Wert in der Kontrollgruppe ohne Zulage über den gesamten Zeitraum weitgehend konstant. Der pH-Wert lag hier am Tag 2 bei 7,2 und veränderte sich bis Tag 7 nur geringfügig auf 7,1 (Übersicht 2).
Schlussfolgerungen
Die Zulage von BEWI-FATRIX® Anionic in Ration für Sauen rund um die Geburt ist eine effektive Maßnahme zur gezielten Harnansäuerung. Durch die Senkung des Harn-pH-Wertes können das Infektionsrisiko minimiert, das Auftreten von MMA-Symptomen reduziert und die Gesundheit der Sau sowie die Aufzuchtleistung der Ferkel verbessert werden. Eine regelmäßige Kontrolle und Anpassung der Fütterung sind erforderlich, um eine optimale Wirkung zu erzielen. Bei konsequenter Überwachung aller am MMA-Komplex beteiligten Faktoren können nachhaltige positive Effekte auf die Gesundheit und Leistung in der Schweinezucht erreicht werden. Mit BEWI-FATRIX® Anionic können Betriebe einen wertvollen Beitrag zur Gesunderhaltung von Sauen rund um die Geburt leisten.
Danksagung: Ein besonderer Dank gilt der AG Tierernährung am Institut für Tierwissenschaften der Universität Bonn für die Versuchsdurchführung und die Bereitstellung der Ergebnisse.
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