Kolostrumversorgung – „Vier goldene Regeln“
Kälber erhalten im Mutterleib keine Immunglobuline über die Gebärmutter der Kuh. Das bedeutet: Unmittelbar nach der Geburt sind sie vollständig auf die Zufuhr von Kolostrum angewiesen, um eine erste Immunität aufzubauen. Eine bedarfsgerechte Kolostrumversorgung durch den Landwirt ist daher entscheidend, um die Kälbergesundheit zu fördern und Verluste in der postnatalen Phase zu vermeiden.
Dabei gibt es einige grundlegende Aspekte zu beachten – die vier goldenen Regeln zur Kolostrumversorgung bieten hierfür eine praxisnahe Orientierung.
Je früher, desto besser!
Die Bedeutung der frühzeitigen Kolostrumgabe wurde eindrucksvoll in der Studie von Fischer et al. (2018) belegt: Eine zeitnahe Versorgung direkt nach der Geburt führte zu einem schnellen Anstieg der IgG-Konzentration im Blut – und damit zu einer raschen Immunisierung des Kalbes.
Wird die Erstversorgung hingegen verzögert – etwa auf 6 oder sogar 12 Stunden nach der Geburt – steigt der IgG-Spiegel nur langsam an. Die Folge: Die kritische Phase ohne ausreichende Abwehrkräfte verlängert sich – und das Kalb ist deutlich anfälliger für Krankheiten.
Einfluss des Zeitpunkts der Kolostrumversorgung auf die IgG-Konzentration im Blutserum von Kälbern (Fischer et al. 2018)
Hygiene vom Melken bis zum Nuckel – ein unterschätzter Risikofaktor
In der Praxis wird Kolostrum meist direkt in eine Kanne gemolken. Untersuchungen zeigen jedoch, dass das wertvolle Kolostrum bereits in der Kanne stark mit Krankheitserregern verunreinigt sein kann.
Diese Keimbelastung kann sich bis zur Verfütterung sogar noch verstärken:
Laut Boelhauve et al. (2018) waren fast 70 % der Kolostrumproben bis zum Nuckel mit coliformen Keimen belastet.
Quelle: Boelhauve et al., 2018
Häufig ist die Darmwand bereits mit Keimen besiedelt, bevor Kolostrum in den Darm gelangt. Mögliche Ursachen:
- Die Darmschranke ist bereits teilweise blockiert
- Eine „Beimpfung“ mit Fremdkeimen erfolgt schon in der Abkalbebox
- Das Kolostrum ist stark mit Keimen belastet:
- Wird dieselbe Kanne für Frischmelker und euterkranke Tiere verwendet?
- Werden Kanne, Eimer und Nuckel nach jeder Melkung oder Tränkung gereinigt?
Die vier goldenen Regeln der Kolostrumfütterung
Eine unzureichende Versorgung mit Immunglobulinen in den ersten Lebensstunden hat schwerwiegende Folgen: Immunschwäche, hohe Verluste, schlechte Zunahmen und steigende Behandlungskosten sind vorprogrammiert.
Versäumnisse in dieser frühen Phase lassen sich später kaum mehr ausgleichen.
Zudem gilt: Wird Kolostrum mit Krankheitskeimen verunreinigt, können Kälber häufiger an Lungen- und Durchfallinfektionen erkranken. Die optimale Versorgung mit einwandfreiem Kolostrum wirkt sich auf die gesundheitliche Stabilität und die Überlebensrate der Kälber aus und wirkt bei den Kuhkälbern bis in spätere Laktation fort.
Hier sind die vier goldenen Regeln zur Kolostrumfütterung:
- Regel 1 – Schnelligkeit: Verabreichen Sie die erste Kolostrumgabe möglichst unmittelbar nach der Geburt – idealerweise innerhalb der ersten zwei Stunden. Denn in diesem Zeitraum ist die Aufnahmefähigkeit des Kalbes für Antikörper besonders hoch.
- Regel 2 – Quantität: Ein neugeborenes Kalb sollte in den ersten 12 Lebensstunden etwa 3 bis 4 Liter Biestmilch erhalten. Nur so wird eine optimale Versorgung mit Nährstoffen und Immunglobulinen sichergestellt.
- Regel 3 – Qualität: Die Qualität des Kolostrums ist entscheidend. Achten Sie darauf, dass es mindestens 50 g/l Immunglobulin G (IgG) enthält. Die Bestimmung kann mithilfe eines Kolostrometers oder Brix-Refraktometers erfolgen.
- Regel 4 – Sauberkeit: Nur unter sauberen Bedingungen gewonnenes und gelagertes Kolostrum schützt das Kalb wirksam. Lagern Sie es bei niedriger Temperatur und erwärmen Sie es schonend vor der Verfütterung, um die wertvollen Inhaltsstoffe nicht zu schädigen.
Kolostrum gezielt aufwerten – für einen optimalen Start
Neben den „vier goldenen Regeln“ kann es sinnvoll sein, das Kolostrum gezielt aufzuwerten:
Mit BEWI-SAN Kälberstart – einem Ergänzungsfuttermittel aus hochwertigem Kolostralmilchpulver, Vitaminen und Probiotika – lässt sich die Gesundheit und Immunabwehr des Kalbes optimal unterstützen.
Erfahren Sie, wie vielseitig BEWI-SAN Kälberstart in der Praxis eingesetzt werden kann.
Darmgesundheit beim Kalb
Es ist bekannt, dass Immunglobuline nur einer von vielen wertvollen Bestandteilen des Kolostrums sind. Auch Oligosaccharide, Leukozyten und Wachstumsfaktoren spielen eine entscheidende Rolle: Sie fördern die Reifung des Darms, unterstützen die Entwicklung einer gesunden Darmflora und stärken die Abwehrkräfte von Anfang an.