Energieversorgung von Hochleistungskühen – Pansenstabile Fette als Schlüssel zum Erfolg
Hochleistende Milchkühe haben insbesondere nach der Geburt einen erhöhten Energiebedarf. Besonders das erste Laktationsdrittel bedarf hoher Aufmerksamkeit. Entsprechende Fütterungsstrategien können eine nachhaltige Milchproduktion unterstützen. Der Einsatz von pansenstabilen Fetten wirkt sich positiv auf die Stoffwechselfunktionen aus. Für die Verdaulichkeit ist dabei die Partikelgröße der Fettpulver von Bedeutung.
Die Milchviehbetriebe in Deutschland konnten insbesondere in den vergangenen Jahren die Milchleistung der Kühe deutlich steigern. Mittlere Herdenleistungen von über 12.000 kg Milch pro Kuh und Jahr sind durch verbesserte Fütterung, Haltung und Betreuung keine Seltenheit. Gute Betriebe streben eine weitere Steigerung der Milchleistung, insbesondere der Lebenstagsleistung, an. Durch die genetische Selektion konnte die Milchleistung der Kühe stark gesteigert werden. Dies führte jedoch nicht gleichzeitig zu einer proportionalen Erhöhung der Futteraufnahme. Eine Anpassung der Energie- und Nährstoffkonzentration in der Ration kann häufig nicht den gesamten Mehrbedarf für die höhere Milchleistung decken. Gleichzeitig haben sich in vielen Betrieben Gesundheits-, Stoffwechsel- und Fruchtbarkeitsprobleme verstärkt. Durch frühzeitiges Monitoring und geeignete Fütterungsstrategien können diese negativen Effekte minimiert werden, was zur Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Milchproduktion beiträgt.
Unmittelbar nach der Geburt des Kalbes steigt der Energiebedarf der Milchkuh mit dem Beginn der Milchproduktion rapide an. Die Steigerung der jährlichen Milchleistung wurde in der Vergangenheit vor allem durch die Selektion auf eine höhere Einstiegsmilchleistung erreicht (Brade, 2024). Die begrenzte Futteraufnahmekapazität, insbesondere zu Beginn der Laktation, führt zu einer unzureichenden Nährstoffaufnahme und damit zu einer unzureichenden Deckung des erhöhten Energiebedarfs. Als Folge kommt es zumindest im ersten Laktationsdrittel zu einer negativen Energiebilanz (NEB). Diese wird hauptsächlich durch Fettmobilisierung ausgeglichen. Ausmaß und Dauer der NEB werden vor allem durch die Futteraufnahme, die Energiedichte der Ration und die realisierte Milchleistung bestimmt. Der Anstieg der Milchleistung und der Futteraufnahme zu Beginn der Laktation erfolgt zeitlich versetzt. Die NEB ist ein verbreitetes Phänomen bei hochleistenden Milchkühen – mit negativen Auswirkungen auf Gesundheit, Milchproduktion und Fruchtbarkeit. Die inzwischen als „Gesundheitsrisiko“ angesehene NEB wird aktuell im Zuchtprozess noch nicht berücksichtigt (Brade, 2024).
Negative Energiebilanz führt zur Abnahme der BCS-Werte
Die Hochleistungskuh versucht die im ersten Laktationsdrittel auftretende NEB durch die Mobilisierung körpereigener Energiedepots, insbesondere von Körperfett (Lipolyse), auszugleichen. Das Ausmaß dieses Körpermasseabbaus in der Frühlaktation hat sich in den letzten Jahrzehnten durch den Selektionsdruck auf die Einstiegsmilchleistung deutlich verstärkt. Lebendmasseschwankungen haben sich bei Wild- und Haustieren evolutionär als Anpassung an Schwankungen des Energiebedarfs und der Energieversorgung entwickelt.
Die Milchkuh ist ein gutes Beispiel für diesen Zyklus. Viele Kühe, die auf hohe Milchleistung gezüchtet werden, mobilisieren im ersten Laktationsmonat große Mengen an Körperreserven. Dies kann zu einem Verlust von mehr als 10 % des Körpergewichts führen. In der Spätlaktation, wenn die Milchleistung abnimmt, werden die Körperreserven wieder aufgefüllt. Dies kann durch eine regelmäßige Körperkonditionsbewertung (BCS = Body Condition Score) dokumentiert werden.
Einige Kühe verlieren im ersten Laktationsmonat durchweg mehr Körpergewicht als andere. Dies scheint auch genetisch bedingt zu sein. Das Ausmaß der Körpermasseabnahme nimmt mit steigender Laktationsnummer zu. Es ist auch bekannt, dass eine bessere Körperkondition zum Zeitpunkt der Geburt, definiert durch einen höheren Body Condition Score (BCS), zu einer deutlich stärkeren Fettmobilisierung und damit zu einem höheren Gewichtsverlust im ersten Laktationsmonat führt. Bei diesen Kühen ist eine stärkere Abnahme des BCS-Wertes zu beobachten.
Fettmobilisation hat Auswirkungen auf das Immunsystem
Bradford und Contreras (2024) setzen die sich im Fettgewebe bei der Auflösung/Mobilisierung auftretenden Stoffwechselprozesse in direkten Zusammenhang mit der Entwicklung von Immunzellen des Fettgewebes. Dies ist ein Zeichen für eine Entzündungsreaktion. Insbesondere die T-Lymphozyten, früher auch T-Killerzellen genannt, bilden sich im Laufe der Laktation nicht wieder vollständig zurück, sondern werden bis zur nächsten Geburt zurückgehalten. In der nächsten Phase der notwendigen Lipolyse zu Beginn der folgenden Laktation führt dies zu einer verstärkten Rekrutierung von Immunzellen und damit zu einer verstärkten Entzündungsreaktion. Bei vielen Kühen ist eine Zunahme der BCS-Schwankungen mit zunehmender Laktationszahl bekannt. So kann in der vierten Laktation die Anzahl der Immunzellen ein Niveau erreicht haben, bei dem metabolische und immunologische Auswirkungen des entzündeten Fettgewebes sichtbar werden. Die Widerstandsfähigkeit der Kuh gegenüber den Belastungen, die mit einer hohen Milchleistung einhergehen, ist dann deutlich herabgesetzt. Dieses Phänomen könnte das erhöhte Risiko von Stoffwechselproblemen, Infektionen oder Unfruchtbarkeit bei Kühen erklären, die zu Beginn der Laktation eine stärkere NEB und damit eine stärkere Abnahme der Körperkondition aufweisen.
Pansenstabiles Fett zur Verringerung der NEB
Für eine nachhaltige Milchproduktion ist die Lebensleistung der Milchkühe von großer Bedeutung. Daher muss auf eine Gesunderhaltung der Kühe über mehrere Laktationen geachtet werden. Die Energieversorgung der Hochleistungskuh im ersten Laktationsdrittel bedarf dabei besonderer Aufmerksamkeit, wie aktuelle Zusammenfassungen der internationalen Forschung zeigen. Vor allem in entkräftenden Situationen (z.B. Hitzestress) oder Phasen hoher Leistung (z.B. Frühlaktation) ist es wichtig, die Energieversorgung trotz reduzierter Futteraufnahme sicherzustellen, ohne die Pansenfunktion zu belasten. Ein erhöhter Einsatz stärkereicher, im Pansen verfügbarer Konzentrate kann zu einer Beeinträchtigung der Pansenfunktion (Azidose) führen. Fette sind aufgrund ihres hohen Energiegehaltes für die energetische Aufwertung von Rationen besonders interessant. Der Einsatz von pansenstabilen Fetten zeigt keine Beeinträchtigung der mikrobiellen Verdauung im Pansen. Diese Fette werden im Pansen nicht verstoffwechselt und gelangen unverändert in den Labmagen. Die Verdauung der pansenstabilen Fette erfolgt erst im Dünndarm. Beim Einsatz von pansenstabilen Fetten ist es jedoch wichtig, deren besondere Eigenschaften zu kennen. Pansenstabile Fette basieren in erster Linie auf Palm- oder Rapsöl. Die daraus hergestellten Produkte unterscheiden sich deutlich in ihrem Fettsäuremuster. Entscheidend sind die Anteile an Palmitinsäure (C16:0) bzw. Stearinsäure (C18:0). Palmitinsäure (C16:0) und Stearinsäure (C18:0) unterscheiden sich in ihrer Wirkung im Stoffwechsel der Milchkuh. Darüber hinaus bestehen Unterschiede hinsichtlich Laktationsstadium und Leistungsniveau.
Palmitinsäure – lipogene Fettsäure
Palmitinsäure wird als lipogene Fettsäure hauptsächlich zum Aufbau von Milch- oder Körperfett eingesetzt. Die Verwendung für den Aufbau von Milchfett ist mengenmäßig begrenzt. Unter den Bedingungen einer negativen Energiebilanz führt dies zu einer Anreicherung im Leberfett, da in dieser Phase kein Aufbau, sondern eher eine Mobilisation von Körperfett erfolgt. In einer Studie von de Souza et al. (2019) wurden die Auswirkungen des Einsatzes palmitinsäurereicher Produkte (>80 % C16:0) mit einem Anteil von 1,5 % C16:0 in der Gesamttrockenmasse der Ration auf die Milchfettproduktion und die Milchmenge untersucht. Dabei konnte eine Erhöhung der Milchfettproduktion, jedoch kein Einfluss auf die Milchmenge festgestellt werden. Die Kühe, die Palmitinsäure zu Beginn der Laktation erhielten, verloren sogar mehr Körpergewicht und hatten höhere NEFA-Werte im Blut. Dies zeigt, dass es zu Beginn der Laktation zu einer Verstärkung der negativen Energiebilanz kommt. Dies könnte auch die mehrfach beschriebenen negativen Effekte eines längerfristigen hohen Einsatzes von palmitinsäurereichen Produkten in der ersten Laktationshälfte er-klären. Im Gegensatz dazu führte der Einsatz einer Mischung aus Palmitinsäure und Stearinsäure (46 % Stearinsäure) mit einem Anteil von 2 % in der TM bei Piantoni et al. (2015) zu einer Verbesserung der Energieaufnahme, einer Verringerung der negativen Energiebilanz und einer Reduktion der Körpermasseverluste zu Laktationsbeginn. Dies zeigt die Notwendigkeit, den Palmitinsäuregehalt im Futter zu Beginn der Laktation zu begrenzen. Der Einsatz palmitinsäurereicher Produkte (> 80 % C16:0) sollte in der Frühlaktation nur begrenzt bzw. gar nicht erfolgen, um eine negative Beeinflussung des Stoffwechsels zu vermeiden.
Stearinsäure liefert Energie für den Stoffwechsel
Im Gegensatz zu Palmitinsäure kann Stearinsäure bereits vor der Geburt des Kalbes sowie in der Frühlaktation deutlich besser in der Leber zur Energiegewinnung verstoffwechselt werden (Loften et al., 2014). Der Einsatz eines stearinsäurereichen Produktes (>90 % C18:0) mit 2 % in der Trockenmasse resultierte bei Piantoni et al. (2015) in einer erhöhten Trockenmasseaufnahme (26,1 kg/Tag vs. 25,2 kg/Tag) und Milchleistung (40,2 kg/Tag vs. 38,2 kg/Tag). Die Konzentration der Milchinhaltsstoffe blieb unverändert, jedoch wurde ein Anstieg der täglichen Milchfett- und Milchproteingehalte beobachtet. Die Zunahme der Trockenmasseaufnahme und der Milchleistung war bei hochleistenden Kühen (>50 kg/Tag) sogar größer als bei niederleistenden Kühen (<40 kg/Tag). In der Studie von Daneshvar et al. (2021) konnte bei einer stearinsäurereichen Fettzulage (75 % Stearinsäure) insbesondere bei einer stärkereichen Ration (26 % Stärke/kg TM) eine Steigerung der Milchproduktion und der Trockenmasseaufnahme im Vergleich zu einer palmitinsäurereichen Fettzulage (80 % Palmitinsäure) beobachtet werden. Eine wesentliche Funktion der Stearinsäure im Stoffwechsel der Hochleistungskuh zu Laktationsbeginn wird als „Glukosesparmechanismus“ beschrieben. In Phasen negativer Energiebilanz verschiebt Stearinsäure Energie in Richtung der Glukoseneubildung.
In Studien von Karcagi et al. (2010) sowie in weiteren Untersuchungen konnte eine signifikante Reduktion der zu Laktationsbeginn typischerweise auftretenden Reduzierung des Blutglukosespiegels durch den Einsatz von stearinsäurehaltigen, pansenstabilen Fettpulvern beobachtet werden.
Kombination von Stearin- und Palmitinsäure ist optimal
Bereits Loften et al. (2014) beschreiben in ihrer Zusammenfassung die Vorteile einer Kombination von Stearinsäure und Palmitinsäure im pansenstabilen Fett als Energiequelle für Hochleistungskühe. Dies wird durch neuere Untersuchungen (Shepardson und Harvatine, 2021) bestätigt, bei denen eine Fettzulage von 2 % aus einem palmitin- und stearinsäurereichen Fett sowie einem pansenstabilen Fettpulver mit einem ausgewogenen Verhältnis von Palmitin- und Stearinsäure (45 %/49 %) eingesetzt wurde. Die Kombination von Palmitin-und Stearinsäure zeigte den größten Effekt auf die tägliche Milchleistung. Der Einsatz der Stearinsäure enthaltenden Fettpulver resultierte in einer Steigerung der Trockenmasseaufnahme sowie einer Reduktion der NEFA-Werte im Blut. Dies deutet auf eine geringere Mobilisierung von Körpermasse bei gleichzeitig verbesserter Energiebilanz hin.
Fein strukturierte Fettpulver sind besser verdaulich
Für die Verdaulichkeit von pulverförmigen Fetten sind die Partikelgröße und die Oberfläche von entscheidender Bedeutung. Mit abnehmender Partikelgröße nimmt die Oberfläche bezogen auf eine Gewichtseinheit zu (Abbildung 3). Eine größere Oberfläche bedeutet gleichzeitig eine größere Angriffsfläche für die im Darm vorhandenen Lipasen, sodass die Verdaulichkeit steigt. Im Sprühgefrierverfahren hergestellte pansenstabile Fette mit feiner Struktur (BEWI-SPRAY®) bieten hier den Schlüssel zum Erfolg. Sie ermöglichen eine pansenschonende und stoffwechselunterstützende Erhöhung des Energiegehaltes von Rationen für Hochleistungskühe, insbesondere im ersten Laktationsdrittel, ohne Grundfutter zu verdrängen.
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